18.5. -  20.05.
Unsere erste Expedition für das Projekt DiSeMiNation führt uns nach Singapur. Wir beginnen das Projekt mit einem Stakeholder-Workshop (gemeinsam organisiert von Bevis Fedder vom ZMT und IÖR), um mit etwa 15 Vertretern von Wissenschaft und Nationalparkverwaltung über Ökosystemleistungen von Mangroven und deren Nutzung und Bedrohung zu diskutieren. Nachdem wir uns und unser Projekt vorstellen konnten, zeigten sich unsere lokalen Partner sehr offen und interessiert, und wir konnten sie für unser Projekt begeistern. Sowohl kurzfristig als auch mittel- und langfristig zeichnen sich schon jetzt Kooperationen ab, und die Partner scheinen bereit, in unser Projekt zu investieren. Details werden bald einem Workshop-Bericht zu entnehmen sein...

Am darauffolgenden Tag nahmen wir teil an einer geführten Exkursion in einige der Mangrovengebiete und konnten viel über die Geschichte und den Status der Mangroven in Singapur lernen. Zudem erhielten wir einen ersten Einblick (den wir am Sonntag durch den Besuch eines weiteren Standorts vertieften) in die geplanten Probengebiete. Auch hier wurde deutlich, dass die Partner sehr hilfsbereit und interessiert sind!

Wir (Véronique Helfer und ich, mit lokaler Unterstützung) werden nun mit der Probennahme beginnen (allerdings hat sich das Wetter deutlich verschlechtert, und die vorhergesagten Gewitter liegen zeitlich genau in dem von den Gezeiten vorgegebenen Zeitfenstern). Insgesamt gestaltet sich die Beprobung (mit Permits, Trockeneis, Arbeitsmöglichkeiten an der Uni, usw.) etwas komplizierter als erwartet, aber wir werden das schon hinkriegen...

 

 

24.05.
Unser heutiger erster Sampling-Tag in Sungei Buloh war (nur) halbwegs erfolgreich (hat aber trotzdem Spaß gemacht):
Im strömenden (aber zum Glück warmen) Regen haben wir Affen, Eichhörnchen, Eisvögel, (relativ wenige) Krabben und Spinnen und natürlich massenhaft Schlammspringer gesehen - zum Glück keine Krokodile oder Vipern (oder andere Schlagen), leider aber auch keine Otter...

Unter den heutigen Bedingungen (auch wegen der zeitlich ungünstigen Gezeiten-Situation mit Hochwasser um 10:40 Uhr, sodass die Probeflächen erst ab 12:20 Uhr begehbar waren) haben wir nur zwei der ursprünglich geplanten vier bis fünf Plots des ersten Standorts geschafft - das wird in den kommenden Tagen besser werden, aber da wir an den meisten Standorten sehr abhängig von den Gezeiten sind und diese zurzeit recht ungünstig liegen, werden wir wahrscheinlich nicht mehr als drei (maximal vier) Plots pro Standort in den verbleibenden fünf Tagen schaffen. Ich denke aber, dass wir damit auch so schon einen sehr guten Überblick über die ziemlich kleinräumigen Mangroven Singapurs erhalten.

Die meisten Standorte sind so klein, dass mehr als drei oder vier Plots auf der jeweiligen Fläche kaum sinnvoll unterzubringen wären...

Wir werden morgen, mit Unterstützung durch Germaine von N-Parks, Chek Jawa (auf Pulau Ubin) beproben. Für Freitag planen wir dann Pasir Ris (evtl. mit Unterstützung durch Siew Chin von CENSAM/NUS), und da das der einzige wenig gezeitenabhängige Standort ist (allerdings mit der höchsten Schlangendichte Singapurs), könnten wir evtl. vorher noch am ganz frühen Morgen weitere Plots in Sungei Buloh erledigen. Da für Sonntag Sungei Mandai (Krokodile!) geplant ist (wieder mit Siew Chin), bleiben Samstag und Montag noch für die letzten verbleibenden Plots und Proben...

25.05.
Heute kein Sampling! Durch ein Missverständnis mit unserer lokalen Ansprechpartnerin auf Pulau Ubin, waren wir erst sehr spät vor Ort (Chek Jawa). Zudem war der Wasserstand noch immer viel zu hoch für ein vernünftiges Sediment-Sampling (und neben den Grubenottern gibt es dort auch giftige Wasserschlangen, aber zum Glück keine Krokodile.

Wir haben also den (Rest-)Tag damit verbracht, in Chek Jawa Plots auszuwählen, was sich an diesem Standort als recht schwierig erwies: die Flächen sind z.T. recht klein und eng, und wenn eine ausreichende Fläche vorliegt, wachsen dort nicht die Arten, die wir an den anderen Standorten finden.

Da das letztlich aber auch für Pasir Ris gilt, haben wir uns entschlossen, einen Plot in Chek Jawa zu wählen, der direkt mit Buloh und Mandai vergleichbar sein wird, sowie zwei, die mit Pasir Ris vergleichbar sein werden. Da wir morgen in Pasir Ris verabredet sind und für übermorgen (Samstag) keinen Zutritt zu Chek Jawa erhalten haben (wegen der hohen Besucherdichte am Wochenende), müssen wir dort am frühen Montagmorgen Proben nehmen.

Somit müssen wir das geplante Sampling in Buloh von Montag auf den frühen Samstagmorgen verschieben - zum Glück erhielten wir die Erlaubnis, schon vor dem Öffnen des Parks Proben zu nehmen...

Für Sonntag ist dann Mandai geplant - allerdings haben wir die Erlaubnis hierfür noch nicht (das ist nicht N-Parks, sondern State Land...) - sollten wir die Erlaubnis nicht rechtzeitig bekommen, müssen wir auf Changi Beach ausweichen (dafür haben wir die Erlaubnis). Wir waren heute Abend noch kurz dort und haben uns für einen ersten Eindruck umgeschaut: sieht gar nicht so schlecht aus. Dieses Gebiet liegt direkt neben der Einflugschneise zum Flughafen und dürfte damit sogar ganz interessant sein - allerdings ist der Zugang dadurch erschwert, dass rundherum Sperrgebiet ist (vtml. wegen des Flughafens)...

26.05.
Das Timing in Pasir Ris war heute super!
Wir haben vor dem Sampling im Tampines River eine ganze Familie von Ottern gesehen und -schon wieder...;-)...- Warane...
Wir konnten den ersten Plot am Morgen vor dem mittäglichen Hochwasser beproben, mussten dann aber eine Hochwasserpause einlegen - so blieb auf jeden Fall noch genug Zeit zwischen dem Hochwasser und der Abenddämmerung, um die beiden weiteren Plots zu beackern...

...allerdings fing es während der "Mittagspause" an so stark zu regen, dass, nachdem wir mit dem zweiten Plot fertig waren, das Sediment trotz des Niedrigwassers völlig durchweicht und überflutet war, so dass eine vernünftige Probennahme nicht mehr möglich war. So haben wir dann -nass bis auf die Knochen- beschlossen, für heute abzubrechen und morgen für den letzten Plot nochmal am Nachmittag wiederzukommen.

Für Sonntag bleibt es bei Mandai und Montag ist dann zum Abschluss Chek Jawa auf Pulau Ubin an der Reihe...

27.05.
Heute konnten wir das Sampling an zwei Standorten erfolgreich abschließen:
Kurz vor Sonnenaufgang trafen wir uns mit Benjamin, um so früh wie möglich das Niedrigwasser im Krokodil-trächtigen Sungei Buloh (Plot 3 im Schutzgebiet) auszunutzen. Im Gegensatz zu allen anderen bisherigen Plots, in denen die drei häufigsten Mangrovenarten Avicennia alba, Rhizophora apiculata und Sonneratia alba sind, haben wir letztere Art dort nicht gefunden, sondern haben stattdessen die dort vorherrschende Art Bruguiera cylindrica beprobt.
Danach nutzten wir die Hochwasserpause, um ins Hotel zurückzufahren und das ausgefallene Frühstück nachzuholen, bevor wir anschließend nochmal rechtzeitig vor dem Niedrigwasser nach Pasir Ris fahren konnten.
Dort konnten wir erfolgreich den dritten Plot beproben. Aufgrund der lokalen Gegebenheiten mussten wir aber auch hier auf Rhizophora mucronata (statt R. apiculata) ausweichen.

28.05.
Heute begann der Tag hervorragend:
Wir waren kurz nach Tagesanbruch in Mandai und haben sehr schnell den Plot gefunden, den wir uns bzgl. der Ergebnisse mit Siew Chin und Gonzalo teilen wollen. Siew Chin hat uns nicht nur dorthin geführt, sondern danach auch beim Sampling geholfen - dadurch ging alles deutlich schneller, und wir waren schon nach 1,5 Stunden mit dem ersten Plot fertig.

Auch den zweiten Plot konnten wir recht schnell identifizieren und definieren, da wir auch hier auf die Kenntnis des Standorts von Siew Chin zurückgreifen konnten. Auch hier lief das Sampling wie am Schnürchen, und wir dachten, dass wir vor dem nächsten Hochwasser noch mehr als genug Zeit für den dritten Plot hätten. Als wir mit dem zweiten Plot fertig waren, mussten wir allerdings erkennen, dass die Flut rasant einlief - trotz aller Erfahrungen, die wir mit Gezeiten haben und den darauf basierenden Abschätzungen, waren wir schon fast eingeschlossen vom Wasser. Wir mussten hüfttief durch den anschwellenden Fluss waten (haben dabei zwei kopulierende Pärchen von Pfeilschwanzkrebsen gesehen), um den dritten Plot zu erreichen. Hier war der Wasserstand aber schon so hoch, dass es sich nicht mehr gelohnt hätte, noch mit dem Sampling anzufangen. Wir schauten uns also nach einem anderen Plot um.

Was wir fanden, war so gelegen, dass wir 1,5 Stunden später durch den Fluss hätten schwimmen müssen, in dem es potenziell Krokodile und giftige Wasserschlangen gibt - das wäre noch kein Grund gewesen aufzugeben, denn letztlich mussten wir das sowieso tun, um zum Auto zurückzukommen. Zudem war die Vegetation im Plot völlig anders als in allen anderen bisher beprobten Plots - auch das hätten wir evtl. noch als interessante Erweiterung zu unserem Sampling angesehen. Ausschlaggebend für unsere Entscheidung, keine Proben zu nehmen, war letztlich, dass in direkter Nähe Messgeräte unseres Partners in Singapore (Dan Friess) aufgebaut sind, mit denen er hochauflösende Langzeitmessungen zur Sedimentationsrate durchführt - die wollten wir in keiner Weise beeinträchtigen, und somit entschieden wir uns, dass wir uns in Mandai mit nur zwei Plots zufriedengeben müssen...

Morgen geht's mit dem ersten Bumboat nach Pulau Ubin, damit wir um 7:30 Uhr (ziemlich exakt bei extremen Niedrigwasser (Springebbe) in Check Jawa mit dem Sampling beginnen können - hoffentlich wird uns die Zeit bis zum nächsten Hochwasser (14:37 Uhr) reichen, um drei Plots zu beproben. Obwohl es schon um 7:00 Uhr hell wird, können wir nicht schon früher mit dem Sampling anfangen, weil die Boote erst ab 7:00 fahren...

29.05.
Der letzte Sampling-Tag hätte der erste perfekte werden können, wenn nicht...
Wir waren zum Sonnenaufgang am Bootsanleger und konnten noch auf das bereits gut gefüllte Bumboat huschen und nach Pulau Ubin übersetzen. Das Tor zum Schutzgebiet hatte der Security Guard bereits für uns geöffnet (eine Stunde vor der üblichen Zeit), und wir konnten gleich mit Plot 1 loslegen - den hatten wir bereits am Donnerstag eindeutig identifiziert und definiert, und alles lief wie am Schnürchen.
Der zweite Plot war schon etwas schwieriger festzulegen: die vorherrschenden Arten im Inneren von Chek Jawa sind andere als an den anderen Standorten: Avicennia rumphiana statt A. alba; Rhizophora mucronata statt R. apiculata (oder ein Hybrid aus den beiden - müssen wir genetisch klären); Brugiera cylindrica (?)statt Sonneratia alba. Außerdem zeigt dieses Gebiet eine sehr hohe Dichte von Hummer-Hügeln. Also entschieden wir uns für den Plot, mit dem wir schon am Donnerstag geliebäugelt hatten...

Letztlich ging auch hier (trotz der nervenden Moskitos und der Hügel) alles recht schnell, und wir waren bereit für Plot 3. Die Flut lief ein, aber wir hatten einen guten Vorsprung und waren guter Dinge das zu schaffen ... bis ...

Anscheinend hatten wir am frühen Morgen in der Aufbruchshektik nicht genau genug das Trockeneis in der Kühlbox, die wir immer mit ins Feld schleppen, überprüft: nach Plot 2 mussten wir feststellen, dass das Trockeneis gefährlich zur Neige ging, und wir Gefahr liefen sämtliche Proben des heutigen Tags zu verlieren ... Nach kurzer Diskussion entschieden wir uns also, dass wir dieses Risiko nicht eingehen wollten und daher auf den dritten Plot in Chek Jawa verzichten müssten: dumm gelaufen!
Als wir beim Trockeneishändler ankamen, um reichlich nachzufüllen, war vom Trockeneis nicht mehr viel übrig, aber die Proben waren alle noch ausreichend bedeckt und tiefgefroren. Glück gehabt und gute Entscheidung! Morgen früh werden die Proben von WorldCourier abgeholt und tiefgekühlt und auf direktem Weg nach Braunschweig und Bremen verschickt...

Wir hatten ein paar tolle und wunderschöne (aber auch regen- und schweißnasse) Tage in den (uns bis dato unbekannten) Mangroven Singapurs (die letztlich -trotz ihrer geringen Ausdehnung- interessanter sind als anfangs gedacht). Wir konnten deutlich weniger Proben nehmen als geplant - aber die Mangroven hier sind so klein, dass sie von der Fläche her wahrscheinlich 2-3 Standorten in Brasilien entsprechen. Ich denke (und bin zuversichtlich), dass wir mit der Metagenomik und Metatranskriptomik des DSMZ und den metabolischen Fingerprints (ZMT und IPB) trotzdem gute Daten und weitreichende Einblicke in das System hier erhalten werden, die wir hoffentlich mit den Befunden des IÖR werden verknüpfen können - ich bin gespannt!

Morgen Abend geht's zurück nach Deutschland - nachdem wir uns nochmal mit neuen Partnern getroffen und über gemeinsame zukünftige Projekte zum organischen Material in Sediment und Wasser (mit IPB) und zur Fernerkundung (gemeinsam mit IÖR), sowie allgemein über Mangrovenschutz und -restaurierung diskutiert haben werden. Am frühen Morgen werden wir ein letztes Mal nach Pasir Ris fahren, um Laubstreu für ein Fütterungs- und Verdauungsexperiment mit Krabben am ZMT zu sammeln.

Prof. Dr. Martin Zimmer, AG Mangrovenökologie