28.1.16 | In der Meerwasserversuchsanlage des Leibniz-Zentrums für Marine Tropenforschung (ZMT) kam es kürzlich zu einem sehr seltenen und faszinierenden Schauspiel. Eine der dort lebenden Seegurken der Art Stichopus vastus (Curryfish) hat sich bereits zum zweiten Mal in nur 14 Monaten geteilt.

Diese Art der nicht-geschlechtlichen Fortpflanzung ist im Aquarium nur äußerst selten zu beobachten, so Dr. Andreas Kunzmann, Biologe und Leiter der Arbeitsgruppe „Ökophysiologie“ am ZMT.

In freier Natur kommt es bei Seegurken regelmäßig zur sogenannten Fission, allerdings ist sie bisher nur bei 16 von zirka 1.200 Arten bekannt . Um sich jedoch in künstlichen Aquariensystemen zu teilen, benötigt die Seegurke optimale Umweltbedingungen – Salinität, Temperatur, O2, pH und Alkalinität des Meerwasser im Aquarium müssen genau stimmen.

„Die Seegurke teilt sich nur, wenn sie sich wohl fühlt und es ihr gut geht“, erklärt Dr. Kunzmann, Aquaristik- und Aquakultur-Experte am ZMT.

Die von ZMT-Mitarbeitern liebevoll „Gurki“ getaufte Seegurke stammt aus Indonesien und lebt seit November 2014 in den Aquarien des Bremer Forschungsinstituts. Während dieser Zeit hat sie sich nun zum zweiten Mal geteilt.

„Seegurken sind kalzifizierende Organismen, das heißt, sie haben ein Endoskelett aus Kalk“, so ZMT-Wissenschaftler Kunzmann. „Für die Kalzifizierung muss das Gleichgewicht der Ionen im Wasser des Aquariums stimmen – das hat sowohl mit dem pH-Wert, als auch mit den Löslichkeitsprodukten und der Alkalinität zu tun. Alle diese Parameter müssen im Gleichgewicht sein. Eine funktionierende Kalzifizierung ist die Vorraussetzung dafür, dass die Seegurke überhaupt auf die Idee kommt sich zu teilen.“

Die Forscher des ZMT untersuchen vor allem den Stoffwechsel von Seegurken, unter anderem um Rückschlüsse auf den Energie- und damit Futterbedarf der Tiere zu erlauben, aber auch um Anpassungsmechanismen an globale Veränderungen (Temperatur, Versauerung) zu verstehen. Außerdem beschäftigen sich die Wissenschaftler mit der Produktion von möglichen bioaktiven Substanzen.

Seegurken gelten in China als Delikatesse und werden unter dem Produktnamen „Trepang“ oder „Beche-de-mer“ verkauft. Die Fischerei und der globale Handel mit den Tieren nahm in den vergangenen Jahren sehr stark zu. Vor allem im indopazifischen Raum werden Seegurken teilweise so überfischt, dass einige der rund 1.200 Arten inzwischen als gefährdet gelten.

„Bisher werden in der Aquakultur allerdings nur wenige Arten gezüchtet und werden dort über die geschlechtliche Fortpflanzung in sogenannten Hatcheries vermehrt“, berichtet Dr. Kunzmann. „Insofern trägt jedes neue Forschungsergebnis dazu bei, die Biologie und Funktion der Seegurken im Ökosystem besser zu verstehen und gegebenenfalls neue Arten auch gezielt in Aquakultur zu halten um den Druck auf die weltweite Fischerei zu vermindern. Aufklärung und Aquakultur tragen dann wesentlich zum Schutz der wilden Arten bei.“