This project investigates if the culture of lower tropic level jellyfish could be a resource-efficient protein supply. | Photo: Achim Meyer, ZMT

Hintergrund

Eine der wichtigsten Herausforderungen, denen die Menschheit im Anthropozän gegenübersteht, ist die Nahrungsmittel- und Ernährungssicherheit. Um Lösungen zu finden, werden wir Synergien aus verschiedenen Wissensquellen und von unterschiedlichen Akteuren auf lokaler und globaler Ebene nutzen müssen. Die Entwicklung der Aquakultur hat in den letzten Jahrzehnten im Fischereisektor sowohl Besorgnis als auch Hoffnung ausgelöst. Bestehende Monokulturen aus Fischarten und Krustentieren, die auf Fischmehl und Fischöl angewiesen sind, entsprechen dem Muster marktgesteuerter Umweltzerstörung, die in intensiven Agrarsystemen zu beobachten ist. Allerdings sind die durch Aquakultur verursachten Umweltauswirkungen im Vergleich zur landwirtschaftlichen Nahrungsmittelerzeugung im Allgemeinen geringer, vor allem bei der Produktion von tierischem Protein pro Einheit. Um jedoch das volle Potenzial im Hinblick auf die Verbesserung der Widerstandsfähigkeit globaler Nahrungssysteme zu erreichen, muss der Aquakultursektor zuverlässige Alternativen für Fischmehl und Fischöl (unabhängig von terrestrischen Systemen) finden, sich auf die Kultivierung von Arten der unteren trophischen Ebene konzentrieren und ökosystembasierte Produktionsverfahren wie die integrierte multitrophische Aquakultur (IMTA) einsetzen. Der Aquakultursektor befindet sich bei der Entwicklung und Sicherstellung innovativer und integrativer Lösungen in einer kritischen Phase und muss zudem sicherstellen, dass die seit langem bestehenden sozioökonomischen Ungleichheiten berücksichtigt werden. Ob eine Lösung geeignet und potenziell erfolgreich ist, wird weitgehend von den ortsspezifischen ökologischen Bedingungen und institutionellen Rahmenbedingungen bestimmt. Wir werden daher auf unsere Expertise in den Natur- und Sozialwissenschaften zurückgreifen, um unterschiedliche aber miteinander verbundene Lösungen zur Verbesserung der Nachhaltigkeit in der aquatischen Lebensmittelproduktion zu untersuchen.

Das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen der strategischen Förderlinie „Landwirtschaftliche Systeme der Zukunft" geförderte Projekt „Food for the Future" (F4F) sucht nach Innovationen, um die kommenden globalen Herausforderungen im Bereich der Ernährung zu bewältigen. Innerhalb dieser Förderlinie ist das ZMT Teil eines interdisziplinären Konsortiums, das die Möglichkeiten neuer Nahrungsmittelressourcen (z.B. Algen, Quallen und Insekten), Technologien (z.B. Leichtbau-Design und UV-LEDs) für die städtische Nahrungsmittelproduktion und Szenarien des institutionellen Wandels untersucht, um eine nachhaltigere Nahrungsmittel- und Ernährungssicherheit zu erreichen. Im Rahmen des Projektes F4F fokussiert sich das ZMT auf Nahrungsmittelressourcen aus dem Meer und ist an zwei Forschungslinien beteiligt: (1) Institutionelle Entwicklungen in der aquatischen Nahrungsmittelproduktion und (2) Zucht von Quallen der unteren trophischen Ebene als alternative Ressource zur effizienteren Proteinversorgung. Das erste Thema wird gemeinsam von den Arbeitsgruppen „Institutionen und Verhaltensökonomik“ sowie „Entwicklungs- und Wissenssoziologie“ umgesetzt, während das zweite Thema von der Arbeitsgruppe „Ökophysiologie und experimentelle Aquakultur“ realisiert wird. Entscheidend ist, dass wir mit Akteuren in den Tropen zusammenarbeiten, die einen wichtigen Bereich für die Intensivierung mariner und aquatischer Nahrungsmittelproduktion darstellen.

Forschungsschwerpunkt

Bei dem Thema „Institutionelle Entwicklung in der aquatischen Nahrungsmittelproduktion" geht es darum zu erforschen, wie sich formelle und informelle Institutionen auf den verschiedenen Ebenen verändert haben, da z.B. der Fischereisektor in der philippinischen Provinz Bulacan zunehmend von der Aquakulturproduktion dominiert wird. Wir untersuchen die sozioökonomischen und ökologischen Treiber des institutionellen Wandels, analysieren die Komplexität der vielfältigen, interagierenden Institutionen in der aquatischen Nahrungsmittelproduktion und entwickeln auf Grundlage empirischer Erkenntnisse institutionelle Pfade in aquatischen Nahrungsmittelsystemen unter einem No-Land- und No-Trade-Szenario für die Zukunft. In dieser Studie wird ein qualitativer Ansatz angewandt, der die Verwendung halb-strukturierter Interviews, teilnehmende Beobachtungen und politische Analysen unter Einbeziehung einer Vielzahl von Akteuren auf den Philippinen beinhaltet. Das Gebiet der Fallstudie hat aufgrund veränderter Umweltbedingungen, u.a. durch Eindringen von Salzwasser in ehemalige Reis-Anbaugebiete, einen Wandel in der Lebensmittelproduktion erfahren. Darüber hinaus befinden sich in der Nähe stark urbanisierte Gebiete mit hoher Marktnachfrage. Neben anderen Faktoren haben diese zur Ausweitung der Aquakultur geführt und bieten einen geeigneten Rahmen zur Erforschung institutioneller Veränderungen. Die Erkenntnisse, die aus dieser Forschung gewonnen werden, sollen dazu beitragen, institutionelle Ansatzpunkte für eine nachhaltige Nahrungsmittelproduktion in der Aquakultur zu identifizieren. Auf der naturwissenschaftlichen Seite besteht das Ziel darin, die reichlich vorhandene, aber noch weitgehend ungenutzte Biomasse der Quallen zu nutzen. Der Nährwert verschiedener Quallenarten war nachweislich von ähnlicher Qualität wie die von Meeresfrüchten im Allgemeinen. Somit könnten Quallen, die einer niedrigen trophischen Stufe angehören, eine neue, nachhaltigere Ressource für essentielle Nährstoffe in der Ernährung von Mensch und Tier darstellen. Neben der Ermittlung von Nährwerten verschiedener Quallenarten wird man sich in dieser Forschung auch mit den technischen Herausforderungen befassen, die mit der kontrollierten Zucht von Quallen in Aquakultursystemen verbunden sind. Darüber hinaus wird neben den anderen Organismen, die im Rahmen des Projekts F4F untersucht werden, auch die neueste LED-Beleuchtungstechnologie zur Zucht photoaktiver Quallenarten in städtischen Polykultursystemen getestet. Das Projekt soll soziale und technische Ansätze liefern, um den Herausforderungen der Nahrungsmittel- und Ernährungssicherheit zu begegnen und die ökologischen Probleme in aquatischen Nahrungsmittelsystemen zu bewältigen.

 

Projektpartner

Forschungsfeld I – Organismen: IGZ – Leibniz-Institut für Gemüse- und Zierpflanzenbau, ZMT – Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung, ATB – Leibniz-Institut für Agrartechnik und Bioökonomie e.V.

Forschungsfeld II – Urbane Bioräume:  – Fraunhofer-Institut für Angewandte Polymerforschung IAP, Forschungsbereich Polymermaterialien und Composite PYCO

Forschungsfeld III – Smart Nutrition: TU Wildau – Technische Hochschule Wildau, DIfE – Deutsches Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke

Forschungsfeld IV – Social Science: IGZ – Leibniz-Institut für Gemüse- und Zierpflanzenbau,ZMT – Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung, HU - Humboldt Universität Berlin, FUB – Freie Universität Berlin

Weitere Partner: OSRAM – Opto Semiconductors GmbH, InnoMat – InnoMat GmbH, TU – Terra Urbana Umlandentwicklungs-GmbH, ADM – Wild Europe GmbH & Co. KG