Mangrove auf Galapagos | Foto: Tobias Poprick, ZMT

16.04.2024 | Eine neue Publikation aus der AG Mangrovenökologie zum Thema Blue Carbon untersucht den zeitlichen Ablauf von Kohlenstoffspeicherung und -vorräten in aufgeforsteten und natürlichen Mangrovenwäldern. Die Arbeit ist ein wichtiger Beitrag zum BMBF-geförderten Projekt sea4soCiety (https://sea4soCiety.cdrmare.de/en/) und damit zur gesamten Forschungsmission CDRmare der Deutschen Meeresforschungsallianz (DAM).

Was war die Ausgangsfrage der Studie?

Martin Zimmer: Inwieweit die (Wieder-)Etablierung von Mangrovenwäldern (und anderen Ökosystemen mit Küstenvegetation) durch zusätzlich gebundenen und gespeicherten Kohlenstoff zum Klimaschutz beiträgt, hängt von der Dynamik der Kohlenstoffspeicherung und -vorräte im Laufe der Zeit ab. Daher ist es dringend notwendig zu verstehen, wie sich die Speicherraten und Bestände in aufgeforsteten - im Vergleich zu natürlichen - Mangrovenwäldern im Laufe der Zeit verändern.

Was genau wurde untersucht?

Martin Zimmer: Wir haben eine Meta-Analyse der Daten zu den oberirdischen, unterirdischen, sedimentären und gesamten Ökosystemvorräten an organischem Kohlenstoff sowie zu den Raten an vergrabenem organischem Kohlenstoff in (wieder)aufgeforsteten und natürlich regenerierten Mangroven aus der einschlägigen Literatur durchgeführt.

Was sind die neuen Erkenntnisse?

Martin Zimmer: Wir haben globale zeitliche Muster in der Entwicklung der ober- und unterirdischen Biomasse sowie der Gesamtvorräte an organischem Kohlenstoff im Ökosystem festgestellt. Bei den Sedimentvorräten und den Vergrabungsraten des organischen Kohlenstoffs war kein solches zeitliches Muster erkennbar. Den globalen Mustern zufolge erhöhen wachsende Mangrovenbäume jedoch ihre Kohlenstoffspeicherung bis zu einem Jahrhundert lang, obwohl sich die Speicherraten nach einigen Jahren verlangsamen und nach einigen Jahrzehnten gegen Null tendieren. Die Vergrabungsraten von organischem Kohlenstoff im Sediment waren in aufgeforsteten und natürlichen Wäldern nahezu identisch.

Welche Schlussfolgerungen können daraus gezogen werden?

Martin Zimmer: Die letztgenannte Erkenntnis legt nahe, dass die (Wieder-)Anlage von Mangrovenwäldern, d. h. die Wiederaufforstung in früheren Mangrovengebieten oder die Aufforstung in neu entstehenden potenziellen Mangrovenlebensräumen, ein praktikables und vorhersehbares Mittel zur Erhöhung der langfristigen Bindung von blauem Kohlenstoff ist.

Die globalen zeitlichen Muster deuten darauf hin, dass Prognosemodelle erstellt werden können, um die Vorhersage der Kohlenstoffbindung in den Mangroven zu verbessern und so die nachhaltige Entwicklung von Mangrovenplantagen und die Abschwächung des Klimawandels durch marktorientierte Ansätze zu unterstützen.

Wofür können die Ergebnisse verwendet werden?

Martin Zimmer: Unter Berücksichtigung der enormen regionalen Schwankungen in der Fähigkeit von Ökosystemen mit Küstenvegetation, Kohlenstoff in ihrer Biomasse und ihren Sedimenten zu binden und zu speichern, tragen unsere Ergebnisse dazu bei, einige Wissenslücken zu schließen und künftige Speicherraten und wachsende Bestände in (wieder-)etablierten Ökosystemen auf lokaler und regionaler Ebene genauer vorherzusagen (während bisher meist globale Durchschnittswerte zur Schätzung der Bestände und Speicherraten verwendet wurden).

Diese wiederum sind wichtig für die Überwachung von und Berichterstattung zu (Wieder-) Ansiedlungsmaßnahmen von Mangrovenwäldern im Zusammenhang mit dem Kohlenstoffausgleich und potenziellen Kohlenstoffgutschriften auf dem freiwilligen Markt, oder sogar auf dem Markt für die Erfüllung von Auflagen.

Warum sind die Ergebnisse für die Gesellschaft relevant?

Martin Zimmer: Nach einem anfänglichen (und immer noch andauernden) Hype um vegetationsreiche Küstenökosysteme als "blaue Kohlenstoffökosysteme", die wesentlich zur Entfernung von Kohlendioxid aus der Atmosphäre und zu dessen langfristiger Speicherung beitragen, haben verschiedene Unsicherheiten, einschließlich regionaler Unterschiede in ihrer Fähigkeit, Kohlenstoff zu speichern, in letzter Zeit dazu geführt, dass ihre Relevanz als naturbasierte Lösungen für die Bekämpfung des Klimawandels in Frage gestellt wird. Eine genauere Vorhersage der Kohlendioxid-Speicherkapazitäten sowohl für natürliche als auch für technische Ansätze zur Eindämmung des Klimawandels wird Wissenschaftlern dabei helfen, politische Entscheidungsträger zu beraten und Empfehlungen für Politiker in aller Welt zu formulieren.

Publikation

Alongi DN, Zimmer M. 2024. Blue carbon biomass stocks but not sediment stocks or burial rates exhibit global patterns in re-established mangrove chronosequences: A meta-analysis. Marine Ecology Progress Series (https://doi.org/10.3354/meps14560)