Engagierte Wissenschaftlerin und kritische Wegbegleiterin: Zum Gedenken an Dr. Irmtraut Hempel
Das Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung (ZMT) trauert um Dr. Irmtraut Hempel (geb. Schneider), die am 8. September, wenige Wochen vor ihrem 101. Geburtstag in Molfsee bei Kiel verstorben ist.
Irmtraut Hempel war 73 Jahre mit Prof. Dr. Gotthilf Hempel, dem Gründungsdirektor des Leibniz-Zentrums für Marine Tropenforschung (ZMT), des Alfred-Wegener-Instituts, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) sowie des Leibniz-Instituts für Ostseeforschung Warnemünde (IOW) verheiratet und diesen Instituten seit deren Gründung sehr verbunden.
Als eine der ersten Frauen fuhr sie auf deutschen Forschungsschiffen und nahm während Gotthilf Hempels Zeit am ZMT an Forschungsreisen nach Namibia, Südafrika und ans Rote Meer teil.
Im Namen des ZMT spricht Prof. Dr. Raimund Bleischwitz ihren Angehörigen sein Beileid aus: „Mit Irmtraud Hempel geht eine herausragende Wissenschaftlerin von uns, die zugleich eine bedeutende Pionierin für Frauen in der Meeresforschung war. In Gedanken sind wir bei ihrem Ehemann, Prof. Dr. Gotthilf Hempel, unserem Gründungsdirektor, und bei ihrer Familie.“
Irmtraut Schneider wurde am 24. September 1924 in Berlin geboren. Sie wuchs in Berlin und Caputh bei Potsdam auf. Ab 1946 studierte sie an den Universitäten Heidelberg und München Biologie mit dem Schwerpunkt Zoologie. 1951 legte sie ihre Diplomprüfung ab. Ein Jahr später folgte ihre Promotion. Ende der 40er Jahre lernte sie ihren späteren Ehemann Gotthilf Hempel kennen. Kurz vor ihrem 28. Geburtstag heiratete sie im Jahr 1952 den damals dreiundzwanzigjährigen Gotthilf Hempel.
1955 und 1960 wurden die beiden Söhne geboren – ein „großer Herzenswunsch ging in Erfüllung“ wie sie in einem Interview mit dem Alfred-Wegener-Institut anlässlich ihres 100. Geburtstags erklärte.
Nach Stationen auf Helgoland, in Hamburg, den USA, Frankreich und Italien zog es sie gemeinsam mit Gotthilf Hempel an die Universität Kiel. Der Heimathafen der beiden war seitdem ein Haus in Molfsee nahe der schleswig-holsteinischen Hauptstadt. Während Gotthilf Hempel sich als Gründungsdirektor des Alfred-Wegener-Instituts in Bremerhaven, des ZMT in Bremen und des Instituts für Ostseeforschung Warnemünde einen Namen machte, wirkte Irmtraud Hempel im Hintergrund. Zeit ihres Lebens war sie ihrem Mann nicht nur eine wichtige Stütze, sondern auch eine kritische Beraterin.
Sie war Mitherausgeberin der Biologie der Polarmeere, der „Berichte der Deutschen Wissenschaftlichen Kommission für Meeresforschung“ und später von Polar Biology. Gemeinsam mit Gotthilf Hempel und Anna-Katharina Hornidge brachte sie in Kooperation mit dem ZMT ein Buch über die Bremer Forschung an tropischen Küsten heraus. In dem Lesebuch unter dem Titel Klüger nutzen, besser schützen beschreiben Bremer Tropenforschende anschaulich die naturräumlichen und gesellschaftlichen Prozesse in und um die Lebensgemeinschaften der Korallenriffe, Seegraswiesen und Mangrovenwälder.
Auch an Gotthilf Hempels meeresökologischem Dämmerschoppen, den dieser vor mehr als 40 Jahren in Kiel ins Leben gerufen hatte, nahm sie regelmäßig teil. Auf ihre Initiative hin wurde die Veranstaltung vor mehr als 15 Jahren in Bremen wieder erweckt und findet seitdem einmal im Monat am ZMT statt.
Neben Wissenschaft und Familie widmete sich Irmtraut Hempel gemeinsam mit ihrem Mann einem weiteren Herzensanliegen: dem Denkmalschutz. Für die Restaurierung der Altäre alter Dorfkirchen in Mecklenburg richtete das Paar die Stiftung ‚Kirche im Dorf‘ ein und stellte sie unter das treuhänderische Dach der Deutschen Stiftung Denkmalschutz.
Irmtraut Hempel stand für Werte, die in der Wissenschaft, besonders in internationalen Forschungskontexten, unverzichtbar sind: Empathie, Rücksicht, Offenheit und die Bereitschaft, Menschen zu fördern. Am ZMT bleibt sie uns als engagierte Persönlichkeit in Erinnerung, die Wissenschaft, Bildung und Kultur prägend mitgestaltet hat.
Leseempfehlung:
Im vergangenen Jahr würdigte das Alfred-Wegener-Institut die Biologin Dr. Irmtraut Hempel mit einem sehr persönlichen Porträt anlässlich ihres 100. Geburtstags, das wir allen gerne ans Herz legen, die mehr über sie erfahren möchten: „Eine Ehe für die Wissenschaft“: https://www.awi.de/im-fokus/eine-ehe-fuer-die-wissenschaft.html.