23.08.2023 | ZMT-Wissenschaftler:innen waren in voller Stärke auf der weltweit größten Konferenz für Fachleute aus Forschung und Praxis vertreten, die sich mit der Wissenschaft, Erhaltung und Wiederherstellung von Mangrovenökosystemen befassen. Die sechste Konferenz unter der Überschrift „Mangrove Macrobenthos and Management" (MMM6) fand vom 24. bis 28. Juli 2023 an der Universidad de los Andes (Caribbean Campus) und der Universidad de Cartagena (San Agustin Cloister) zum Thema „Mangrove Ecosystems for Human Well-being in a Changing Planet" statt.

Zwölf Forscher:innen des ZMTs - von Masterstudierenden über Promovierende bis hin zu Senior Scientists - nahmen an der Konferenz teil. Es war die erste Konferenz dieser Art in Lateinamerika und dem karibischen Raum, einer Region, in der einige der höchsten Mangrovenbäume stehen, wie die auf der Konferenz präsentierten neuesten Karten belegen, in denen Baumhöhen dokumentiert sind. Die MMM6 bot eine geeignete Bühne für beeindruckende Vorträge und Präsentationen der neuesten Mangrovenforschung und veranschaulichte so die wichtige Rolle der Mangroven für das ökologische Gleichgewicht unseres Planeten.

Die Konferenz tauchte tief in die Mangrovenforschung ein und präsentierte eine Vielzahl von Studien, die von Blue Carbon über die hochmoderne Kartierung von Mangrovenökosystemen bis hin zu Ansätzen zur Restaurierung von Mangroven reichten und die Notwendigkeit einer stärkeren Einbeziehung verschiedener Stakeholder unterstrichen. Diskussionen über die Widerstandsfähigkeit gegenüber dem Klimawandel und die Notwendigkeit nachhaltiger Managementstrategien verdeutlichten die Herausforderungen und Bedrohungen, denen Mangrovenökosysteme aktuell ausgesetzt sind.

Insgesamt beteiligte sich das ZMT mit 13 Postern (vier davon als Blitzvorträge) und sechs mündlichen Beiträgen - und nutzte die großartige Gelegenheit, neueste Forschungsergebnisse vorzustellen. Tobias Poprick, Masterstudent am ZMT, der von Véronique Helfer, AG Mangrovenökologie und Nicolas Moity von der Charles Darwin Foundation (Galápagos Inseln, Ecuador) betreut wird, beeindruckte die Organisatoren mit seinem Poster zum Thema „Populationsgenetik und funktionelle Ökologie der Mangroven auf dem Galápagos-Archipel" und erhielt den Preis für das beste Studentenposter.

 

Tobias Poprick Poster Award MMM6

Dr. Juan F. Blanco-Libreros (Universidad de Antioquia | CEMarin; Mitglied des Organisationskomitees der MMM6 & Wissenschaftlicher Ausschussvorsitzender der MMM6), Mériladec Sillanpää (National University of Singaprore und Gewinner des Preises für den besten Vortrag), Dr. Martha L. Palacios Peñaranda (Universidad Autónoma de Occidente; Mitglied des Organisationskomitees der MMM6), Tobias Poprick (ZMT) und David Sánchez (Universidad Nacional de Colombia und Gewinner des Preises für den besten Studentenvortrag bei der MMM5 in Singapur)

2 Tobias Poprick Poster Supervisors

Tobias Poprick mit seinem Betreuer Nicolas Moity (Charles Darwin Foundation) und seiner Betreuerin Véronique Helfer (ZMT)

Prof. Ilka (Candy) Feller, a former member of ZMT’s scientific advisory board, was honoured with a well-deserved Lifetime Achievement Award. The ceremony was a very moving moment for everybody who knows Candy and her engagement for mangroves. Field excursions to nearby mangrove forests complemented the gathering which provided ample opportunities for networking and working on collaborative ideas for new scientific studies.


Wir haben die ZMT-Teilnehmenden gebeten, uns ihre Eindrücke von der Konferenz zu schildern und einen Ausblick auf die Mangrovenforschung in naher Zukunft zu geben:


Michael Kyei Agyekum, Doktorand:

„Es gab Verschiedenes, was mich auf der MMM6 beeindruckt hat. Der Vortrag von Dr. Edward Castaneda zu den Auswirkungen des Hurrikans Irma auf die Struktur der Mangrovenwälder in den Everglades von Florida (USA) hat mich sehr gefallen. Seine Forschungen zeigen, dass sich die Baumkronenstruktur im Mangrovenwald durch Wirbelstürme erheblich verändert. Die Regeneration der Vertikalstruktur war jedoch von Faktoren wie Resilienzklassen, Artenzusammensetzung und Baumkronenhöhe abhängig. Dies verdeutlichte wie komplex der Regenerationsprozess ist und wie wichtig es ist, verschiedene Faktoren zu berücksichtigen, wenn die Auswirkungen von Wirbelstürmen auf Mangrovenökosysteme bewertet werden. Beeindruckt hat mich auch der Einsatz innovativer Technologien und Methoden in der Mangrovenforschung. Wissenschaftler:innen stellten modernste Techniken wie Fernerkundung, drohnengestützte Studien und fortschrittliche Modellierungsinstrumente vor. In der Mangroven-Community zeichnet sich ein positiver Trend zur interdisziplinären Forschung ab. Forscher:innen aus Bereichen wie Ökologie, Ozeanographie, Hydrologie und Klimawissenschaft kooperieren, um sich komplexen Fragen des Mangrovenschutzes und -managements zu stellen. Ich war auch begeistert zu sehen, dass Initiativen zu Blue Carbon verstärkt in den Fokus rücken. Konferenzteilnehmende diskutierten die Rolle der Mangroven als bedeutende Kohlenstoffsenken und ihren potenziellen Beitrag zur Abschwächung des Klimawandels. Die Aufnahme von Blue-Carbon-Konzepten in die nationale und internationale Klimapolitik ist ein positiver Schritt, um die Bedeutung von Mangroven für Strategien zur Eindämmung des Klimawandels anzuerkennen.“

Mondane Fouqueray, Doktorandin:

„Für eine erste Konferenzerfahrung war die MMM6 eine aufregende und intensive Woche voller neuer Informationen und vielen Chancen zum Networking. Es war ein besonderes Privileg, gemeinsam mit so vielen ZMT-Kolleg:innen daran teilzunehmen! Als Neuling mit Fokus auf sozial-ökologische Aspekte der Mangroven war ich überrascht, wie oft die Gesellschaft in der Mangrovenforschung als „entscheidend" genannt wurde (Motto der Konferenz war ja auch: Mangrove Ecosystems for Human Well-Being in a Changing Planet) und wie wenig Raum Sozialwissenschaften insgesamt einnahmen. Im Rückblick auf frühere MMM-Konferenzen scheint sich dieser Trend jedoch schnell zu ändern und ich hatte zahlreiche motivierende Diskussionen mit anderen Nachwuchswissenschaftler:innen, die mit heimischen und indigenen Communities in aller Welt zusammenarbeiten. Ich bin gespannt, wie sich dieser Teil der Mangrovenforschung in den kommenden Jahren entwickeln wird.“


Dr Véronique Helfer, Senior Scientist:

„Die MMM6 war eine großartige Gelegenheit, sich mit Kolleg:innen aus aller Welt auszutauschen. Aus diesem Austausch werden sich sicherlich neue Kooperationen, insbesondere auf dem Gebiet der Populationsgenetik und der eDNA-Anwendungen für das Biodiversitätsmonitoring, ergeben. Während wir viel über Mangrovenökosysteme im Allgemeinen gelernt haben – ihre weltweite Verbreitung, Veränderungen, Wiederherstellungsprojekte und das Thema Blue Carbon – ging es nur in wenigen Vorträgen um Mangrovenökologie (z.B. die taxonomische und funktionelle Diversität mikrobieller Gemeinschaften oder artspezifische Studien). Dieser Mangel an ökologischen Studien ist eine Tendenz, die nicht nur auf der Konferenz, sondern in der Mangrovenforschung insgesamt zu beobachten ist, wie der Hauptvortrag von Dan Friess von der Tulane University in New Orleans deutlich machte. Ich freue mich auf die MMM7 und hoffe, dass die wissenschaftliche Mangroven-Community bis dahin damit begonnen haben wird, diese Wissenslücken zu schließen, um ein besseres Management der Mangroven-Ökosysteme auf Gemeinschafts- und Artenebene zu ermöglichen.“

PD Dr Tim Jennerjahn, Leiter der AG Ökologische Biogeochemie:

„Die MMM6 ist die wichtigste Mangroven-Konferenz der Welt und die Community ist über die Jahre stark gewachsen – genau wie auch die vorgestellten und diskutierten Themen. Sozialwissenschaften und Naturschutz/Renaturierung haben an Bedeutung gewonnen und generell ist die Verbindung zwischen Wissenschaft und Gesellschaft enger geworden. Blue Carbon war eines der offensichtlich dominierenden Themen. Der Begriff steht nicht nur für Kohlenstoff an sich, sondern auch für die Abschwächung des Klimawandels und die Motivation, Mangrovenwälder mit all ihren wertvollen Ökosystemfunktionen und Dienstleistungen zu erhalten. Mangroven sind aber nicht nur für die biologische Vielfalt von Bedeutung, sondern weisen auch eine große chemische Vielfalt auf. Blue Carbon besteht nicht nur aus C-Atomen; Biomasse und Sedimente enthalten organisches Material, das aus verschiedenen chemischen Verbindungen besteht, die sich sehr unterschiedlich verhalten. Dieser Aspekt wurde auf der MMM6 kaum diskutiert und verdient in Zukunft mehr Aufmerksamkeit und Forschungsarbeit. Nichtsdestotrotz sind sich Wissenschaft und Gesellschaft in den letzten zehn Jahren der wichtigen Ökosystemfunktionen und -leistungen der Mangrovenwälder viel stärker bewusst geworden, und das ist großartig!“

Tobias Poprick, Masterstudent:

„Als Masterstudent an der MMM6 teilzunehmen, hat mir viel Spaß gemacht und eine großartige Gelegenheit geboten, in den Kernbereich des wissenschaftlichen Austauschs einzutauchen und erste Netze zu knüpfen. Die gemeinsame Vision für diese erstaunlichen Ökosysteme mit so vielen leidenschaftlichen Menschen hat mich wirklich inspiriert und motiviert, meinen Weg in der Mangrovenökologie fortzusetzen. Die einhellige Botschaft der Konferenz unterstrich, wie wichtig es ist, nicht nur für systematische Veränderungen einzutreten, sondern sich aktiv am Transformationsprozess zu beteiligen und die Fähigkeit zu kultivieren, die eigene Forschung unabhängig von Alter oder akademischem Abschluss kritisch zu bewerten. Ein weiteres wichtiges Anliegen der Veranstaltung war die Vermeidung von „Parachute Science" und stattdessen die Förderung einer engeren Zusammenarbeit mit lokalen Stakeholdern. Auf der Konferenz wurden wir eindringlich aufgefordert, unsere Forschungsansätze und Schutz-/Renaturierungsinitiativen auf die spezifischen Bedürfnisse und Wünsche der lokalen Gemeinschaften abzustimmen. Dadurch wird hoffentlich sichergestellt, dass unsere Bemühungen effektiver und relevanter für die tatsächlichen Herausforderungen sind, mit denen diese Ökosysteme vor Ort konfrontiert werden.“


Mirco Wölfelschneider, Wissenschaftlicher Mitarbeiter:

„Auf der MMM6-Konferenz in Cartagena hatte ich nicht nur die Gelegenheit, Kolleg:innen wiederzutreffen, die ich auf der MMM5 2019 kennengelernt hatte, sondern konnte auch neue Kontakte zu anderen Mangrovenforscher:innen verschiedener Generationen knüpfen. In sehr inspirierenden Vorträgen aus verschiedenen Forschungsbereichen wurden neue Ideen entwickelt, wie organische Stoffe aus Mangroven verfolgt und spezifischer erfasst werden müssen, um Budgets und Dynamiken in Küstensystemen und darüber hinaus besser verstehen zu können, insbesondere im Hinblick auf den aktuellen Hype um Blue Carbon und die Frage: „Wie kann unsere Wissenschaft dazu beitragen, die Blue-Carbon-Bilanzierung zuverlässiger und seriöser zu machen?" Insgesamt war es eine großartige Erfahrung, so viele Wissenschaftler:innen zu treffen, denen Mangroven ebenso am Herzen liegen wie uns. Ich freue mich darauf, all diese tollen Leute auf der MMM7 in Japan wiederzutreffen und zu erfahren, wie es uns bis dahin gelingen wird, neue Ideen in unsere Wissenschaft einzubinden.“

 

Professor Martin Zimmer, Leiter der AG Mangrovenökologie:

„Das weltweit zunehmende Interesse gesellschaftlicher und politischer Akteure und Stakeholder an Mangrovenwäldern und ihrer Bedeutung als Ökosystemdienstleister, insbesondere im Hinblick auf den Klimaschutz und die Anpassung an den Klimawandel, wurde sowohl durch die große Zahl an Teilnehmenden und wissenschaftlichen Beiträgen als auch durch die allgemeine Themenausrichtung der Veranstaltung mit Fokus auf globale Ansätze und die Kartierung dieser Ökosysteme und ihrer Leistungen deutlich. Zwar spiegelt dies einen allgemeinen Trend in vielen ökologischen Disziplinen wider und ist für die Kommunikation der Botschaften aus der Wissenschaft an Politiker und Entscheidungsträger sehr wichtig, jedoch müssen diese globalen Extrapolationen und Schätzungen durch lokale und regionale Fallstudien untermauert werden. Die Arbeitsgruppe Mangrovenökologie des ZMT wird weiterhin auf lokaler und regionaler (sowie auf globaler) Ebene arbeiten, Feld- und Laborstudien, insbesondere Experimente zu Flora, Fauna und Mikrobiota sowie zu Ökosystemprozessen durchführen, wobei der Schwerpunkt auf dem Umsatz organischer Stoffe und der Sequestrierung und Speicherung von Blue Carbon liegt.“

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