Ghasem Mosaie mit seinem Ausbilder Christian Brandt | Foto: Christian Kosak, ZMT

21.05.2019 | Seit etwas über einem Jahr arbeitet Ghasem Mosaie am ZMT. Nach einem Praktikum am Institut hat er im Sommer eine sogenannte betriebliche Einstiegsqualifizierung (EQ) begonnen. Der Afghane wuchs in Maschad im Nordosten des Iran auf und ist mit 18 Jahren alleine über Griechenland und Ungarn nach Deutschland geflohen. Im gemeinsamen Gespräch mit seinem Ausbilder, Christian Brandt, erzählt Ghasem von seiner Arbeit am ZMT und von seinen Wünschen für die Zukunft. Zum Zeitpunkt des Interviews war für Ghasem ein Ausbildungsplatz als Elektriker ein Ziel in der Ferne. Inzwischen hat er einen Ausbildungsvertrag unterschrieben und beginnt am 1. August seine Ausbildung zum Elektroniker für Energie und Gebäudetechnik.

Wie bist Du ans ZMT gekommen?

Ghasem: Ich habe Thomas Rau, den Leiter der IT-Abteilung am ZMT, kennengelernt, der mein Deutschlehrer beim CVJM war. Thomas hat gefragt, ob jemand von uns am ZMT arbeiten will. Das hat mich interessiert und da habe ich Ja gesagt. Das war alles. Ich habe dann im Februar 2018 angefangen hier zu arbeiten.

Du machst bei uns jetzt eine Einstiegsqualifikation. Was lernst Du hier, was machst Du genau?

Ghasem: Ich lerne alles Mögliche, z.B. wie Werkzeuge heißen und wie man damit arbeitet. Immer unterschiedliche Dinge für einen Handwerker.


Wie sieht denn ein Tag am ZMT für Dich aus?

Ghasem: Ich fange um 8 Uhr morgens an und arbeite mit Christian [Brandt] zusammen. Wenn Christian auf einem Seminar ist oder Urlaub hat, dann arbeite ich mit Epi Yéyi in der Elektronikwerkstatt oder mit Nico Högemann aus der IT.


Du lernst also, was in den Werkstätten am ZMT passiert, aber Du arbeitest auch mit Computern?

Ghasem: Nico zeigt mir, wie man damit im Internet sucht, eine E-Mail oder einen Brief schreibt. Ich lerne, wie man einen Computer richtig benutzt.


Gehst Du auch zur Schule?

Ghasem: Ich bin zwei Wochen am ZMT und eine Woche an der Berufsschule. Da habe ich Politik, Fachelektronik und auch Deutsch als Fächer. Der Unterricht ist auch auf Deutsch. Das ist nicht einfach, aber ich muss es versuchen.


Wie gefällt es Dir am ZMT?

Ghasem: Meine Kollegen sind alle nett. Wenn ich Hilfe brauche, wenn ich zum Beispiel bei der Berufsschule Probleme habe, dann helfen mir Epi, Christian oder Thomas und erklären mir alles nochmal. Ich gehe auch zur Kaffeerunde in die F6 und treffe andere Leute vom ZMT.


Weißt Du schon, was Du nach dem ZMT machen möchtest?

Ghasem: Ich möchte Elektriker werden, deswegen bin ich hier und will etwas lernen. Danach möchte ich eine Ausbildung machen als Elektriker. Ich wollte schon als ich Kind war Elektriker werden. Im Iran bin ich bis zur 7. Klasse in die Schule gegangen, danach habe ich auf dem Bau als Verputzer gearbeitet.


Christian, wie hilft die Einstiegsqualifizierung am ZMT dabei, so eine Ausbildung anzufangen?

Christian: Die EQ ist es ein Vorbereitungsjahr auf eine Ausbildung. Das heißt, wir zeigen Menschen, die das nicht kennen, wie eine Ausbildung in Deutschland funktioniert. Wir möchten ein Gefühl für die duale Ausbildung vermitteln, das heißt für die Berufsschule einerseits und die betriebliche Ausbildung andererseits. Ein EQ dauert ein Jahr und simuliert das erste Ausbildungsjahr. In der dann folgenden Ausbildung wiederholt sich das nochmal, was Ghasem jetzt in der Berufsschule macht. Dadurch hat er einen leichteren Einstieg.


Wie sieht Eure Zusammenarbeit in der Werkstatt des ZMT aus?

Christian: Ich bin seit knapp zwei Jahren für die Werkstatt verantwortlich und zusammen mit Ghasem bearbeite ich die Aufträge, die bei uns reinkommen. Das sind meistens expeditionsrelevante Dinge, Spezialanfertigungen oder Versuchsaufbauten wie beispielsweise Sedimentfallen, Messkammern oder Unterwassergehäuse. Wir machen die handwerklichen Arbeiten, und die dabei gelernten handwerklichen Fähigkeiten wird Ghasem später in seiner Ausbildung gut gebrauchen können.

Ghasem, was hast Du denn gelernt, was Du vorher noch nicht kanntest?

Ghasem: Ich habe gelernt, wie man elektrische Schaltungen macht, und dass man die Kabel ordentlich verlegen muss.

Christian (lacht): Ja, die müssen immer rechtwinklig und gerade sein. Ich bin tatsächlich auch ausgebildeter Elektroinstallateur und kann mich gut daran erinnern wie auch ich das lernen musste.


Wie kam es zur Zusammenarbeit mit Ghasem?

Christian: Das hat sich aus einem Gespräch mit Thomas Rau und Christina Schrader über die Ausbildung allgemein am ZMT ergeben. Wir diskutierten über die vielen jungen Menschen, die gerade neu nach Deutschland gekommen waren und deren Probleme z.B. bei ihrem beruflichen Start hier. Gemeinsam mit dem ZMT entwickelten wir dann einen Plan hier vor Ort eine EQ durchzuführen. Durch Thomas ehrenamtliche Arbeit hatte er bereits Kontakt zu Geflüchteten und damit waren geeignete Kandidaten schnell gefunden.


Was muss man machen, um als Ausbilder arbeiten zu dürfen?

Christian: Da ich selber bereits über die Ausbildung verfüge war das Fachwissen nicht das Problem. Jedoch hatte ich mir gewünscht einen Ausbildereignungsschein machen zu dürfen. Das hat mir das ZMT auch ermöglicht und somit konnte es losgehen.


Wie sieht denn ein gemeinsamer Arbeitstag bei Euch aus?

Christian: Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten, jungen Leuten etwas beizubringen. Was wir am häufigsten anwenden, ist das Lehrgespräch. Ich zeige Ghasem etwas, erkläre ihm, wie und warum es so funktioniert und dann lösen wir diese Aufgabe einmal zusammen. Danach macht Ghasem das alleine und übt es. Handwerkliche Fähigkeiten zu vermitteln und zu erlernen basiert sehr stark auf Wiederholung. In der Werkstatt z.B. bauen wir u. a. elektrische Schaltungen. Diese baut Ghasem entweder nach einem Gespräch allein oder nach einem Plan. Anschließend testen wir die Schaltung und gehen ggf. zusammen auf Fehlersuche. Aber wir helfen auch in anderen Bereichen, wo Unterstützung benötigt wird, wie zum Beispiel in der MAREE, der Meerwasserversuchsanlage. Bei Epi lernt Ghasem z.B. wie man lötet, aber die beiden machen auch viel Theorie. Ghasem schreibt für die Schule auch Berichtshefte, die ich kontrollieren muss und er hat Computerunterricht bei Nico.

Ghasem: Christian kann gut erklären, ich glaube, er hat auch viel Geduld mit mir.

Christian: Manches dauert eben, bis man es lernt und versteht. Das ist vollkommen in Ordnung.


Hat sich Ghasem in seiner Zeit am ZMT verändert?

Christian (zu Ghasem gewandt): Ghasem, Du spricht viel mehr und viel besser Deutsch. Am Anfang warst Du eher schüchtern. Und bei den Arbeiten, die wir zusammen machen, wirst Du immer besser und schneller.


Genug von der Arbeit geredet. Ghasem, wie lange bist Du schon in Deutschland? Hast Du hier viele Freunde gefunden?

Ghasem: Ich bin seit über drei Jahren in Deutschland und lebe in Gröpelingen. Ich habe viele Afghanen, aber auch Deutsche kennengelernt. Ich spiele jeden Mittwoch Fußball und gehe auch zum Tanzen. Das heißt Kontaktimprovisation und findet im Lagerhaus statt, da treffe ich auch viele Leute.


Hast Du sonst noch Hobbies?

Ghasem: Manchmal gehe ich auch dienstags zum Schwimmen ins Waller Bad, ich habe einen Schwimmkurs gemacht und jetzt übe ich.


Was gefällt Dir an Deutschland, Ghasem?

Ghasem: Mir gefällt, dass es in Deutschland sicher ist und dass Männer und Frauen gleichberechtigt sind.


Was wünschst Du Dir für Deine Zukunft in Deutschland?

Ghasem: Ich bin bis August 2019 am ZMT, dann möchte ich gerne die Ausbildung machen. Was danach kommt, weiß ich noch nicht. Aber ich wünsche mir, dass mein Asylantrag genehmigt wird und ich hier bleiben und arbeiten kann.