19.01.2022 | Prof. Dr. Marcelo Soares, Associate Professor an der Federal University of Ceará (Brasilien), hat kürzlich ein Stipendium der Alexander von Humboldt-Stiftung (AvH) für erfahrene Wissenschaftler erhalten, um ab Januar 2022 ein Jahr am Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung (ZMT) zu verbringen. In Zusammenarbeit mit Dr. Sonia Bejarano, Leiterin der Arbeitsgruppe Riffsysteme, wird er die Struktur, Dynamik und Funktionsweise von marginalen Riffen sowie deren Rolle als potentielle Refugien in Zeiten des Klimawandels untersuchen.

Marginale Riffe können als marine Gemeinschaften definiert werden, die sich auf hartem Grund entwickeln und unter marginalen, extremen oder suboptimalen Bedingungen überleben. Zu diesen Umweltbedingungen gehören unter anderem erhöhte Sedimentationsraten, trübes Wasser, mesophotische Tiefen (~30-150 m), hoher Nährstoffgehalt, extreme pH-Schwankungen, erhöhte Primärproduktivität (mesotrophe oder eutrophe Gewässer) und/oder stark schwankende Temperaturen.

Zu verstehen, wie vollentwickelte und marginale Riffe jetzt und wie sie in Zukunft funktionieren, ist ein wichtiges Ziel der Forschungsgruppe Riffsysteme. Daher passt das Projekt des brasilianischen Wissenschaftlers gut in die Forschungsagenda des ZMT und wird es möglich machen, das Wissen über tropische Riffe zu erweitern.

Die Verknüpfung von regionalem Wissen und der von Prof. Soares in den letzten Jahren gesammelten Datensätze mit der Expertise von Dr. Bejarano in Bezug auf funktionale, auf Merkmalen basierende Ansätze zur Untersuchung der Ökosystemfunktion wird wertvolle Erkenntnisse über die größten, aber am wenigsten verstandenen marginalen Riffökosysteme der Welt liefern.

Randgemeinschaften können auch auf Hartsubstraten gedeihen, wie z. B.etwa auf intertidalen oder subtidalen Felsriffen, in Flussmündungen und auf Rhodolith-Böden. So gibt es weltweit verschiedene Arten von Randriffen, in denen Riffgemeinschaften überleben, darunter Trübungszonen und Gebiete mit hohen Temperaturen, Makrogezeitenriffe, Gezeitentümpel, Mangrovensysteme, Auftriebsgebiete und mesophotische Korallenökosysteme (30-150 m Tiefe). Randriffe sind in letzter Zeit ins Rampenlicht gerückt, weil Korallen, die auf trüben Riffen, in mesophotischen Tiefen und in Auftriebsgebieten leben, einen hohen Wärmewiderstand aufweisen. Obwohl die allgemeine Annahme nicht in allen Fällen zutrifft, geht man davon aus, dass Riffe unter marginalen Bedingungen potenzielle Refugien für Arten bieten, die dem Klimawandel ausgesetzt sind. Da sich viele Korallenriffe aufgrund lokaler Stressfaktoren (z.B. Urbanisierung, Verschmutzung und Überfischung) und der Auswirkungen des Klimawandels (Versauerung und globale Erwärmung u.a.) verändern, bietet die Erforschung heutiger marginaler Riffsysteme Einblicke in die Zukunft der Riffe und gibt Forschenden Hinweise für deren weltweiten Schutz.

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Professor Marcelo Soares bei der Feldarbeit unter Wasser in Brasilien | Foto: LABOMAR/FCPC/SEMA (2020)

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Field survey in Brazil | Foto: LABOMAR/FCPC/SEMA (2020)

In seiner Arbeit wird sich Prof. Soares auf verschieden Bereiche fokussieren. Dazu zählen die Quantifizierung der Zusammensetzung, der Struktur und des Gesundheitszustands marginaler Riffgemeinschaften im Südatlantik sowie die Bewertung ihrer Widerstandsfähigkeit gegenüber Umweltveränderungen und ihres Potenzials, als Refugien für den Klimawandel zu dienen. „Ich bin sehr glücklich, am ZMT zu sein! Mein Hauptziel ist es, neue gemeinsame Forschungsprojekte zwischen Brasilien und dem ZMT (Deutschland) im Rahmen der Belém-Deklaration, Horizon Europe (2030), JPI Oceans und anderen Möglichkeiten zu entwicklen und einzureichen“, sagt Prof. Marcelo Soares.


 

Über Professor Marcelo Soares

Marcelo Soares promovierte an der Bundesuniversität von Rio Grande do Sul (Brasilien) (2010). Von 2015 bis 2016 forschte er als Postdoktorand an der Universitat Autònoma di Barcelona (Spanien). Außerdem war er Gastprofessor an der Università del Salento (Lecce, Italien) (2020) und der Universität von Kap Verde (Afrika) (2019). Marcelo Soares ist seit 2010 Associate Professor am Institut für Meereswissenschaften (LABOMAR) der Bundesuniversität von Ceará (UFC). Er war Koordinator des Postgraduierten-Programms (Msc. und PhD.) in tropischen Meereswissenschaften (UFC) und leitet einer Forschungsgruppe in Brasilien zu tropischen Ökosystemen - einschließlich der Erhaltung von Korallenriffen und Mangroven.

Während seiner Promotion, seiner Postdoc-Stipendien und seiner Zeit als Professor forschte er in Afrika, im Mittelmeer, in der Karibik und in Südamerika. Mit den Humboldt-Forschungsstipendien fördert die Alexander von Humboldt-Stiftung überdurchschnittlich qualifizierte Forscher aus aller Welt. Die Stipendiaten profitieren zudem von der individuellen Förderung durch die Humboldt-Stiftung und ihrem vielfältigen Förderportfolio.